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Frühlingserwachen – Die Leber mag Massage

Frühlingserwachen - Franz-K., PIXELIO

Qigong zur Wandlungsphase Holz – von Joachim Stuhlmacher

Die zwei Organsysteme Leber und Gallenblase sind dem Holz, dem Frühling zugeordnet. Und ebenso wie wir den Frühling kennen, wirken auch die Organsysteme Leber und Gallenblase. Sehr kraftvoll bringt der Frühling das hervor was über den Winter in der Erde geruht hat und lässt Natur, Mensch und Tier wieder zu neuem Leben erwachen. Knospen und Pflänzchen sprießen und locken die Menschen aus ihrer weihnachtlich-winterlichen Gemütlichkeit hervor, und bringen Bewegung in die scheinbare Stille. Und genau diese Kraft des Frühlings findet ihren Ausdruck in uns, durch die beiden Organe Leber und Gallenblase, indem sie uns beispielsweise jeden Morgen die Kraft geben aus dem Bett zu kommen und den neuen Tag mutig in Angriff zu nehmen.

Das Symbol des Frühlings ist der Bambus, kraftvoll und dennoch sehr flexibel bahnt er sich seinen Weg. Dieser Kraft entsprechend gibt uns der Frühling immer wieder neu die Möglichkeit mit der mutigen Kraft der Galle und der geduldigen Ausdauer der Leber neue Projekte und Ideen anzugehen und umzusetzen, Träume zu verwirklichen und kreativ zu sein in dem was wir tun und tun möchten.

Genau diese Funktion und Bewegung sollte gepflegt und unterstützt werden. Und gerade der Frühling, als Jahreszeit, aber beispielsweise auch der frühe Morgen bieten eine wunderbare Möglichkeit dies zu tun, denn die Frühlingsorgane sind natürlich in der ihnen entsprechenden Zeit besonders empfänglich für Stärkung und bieten zu dieser Zeit die beste Entfaltungsmöglichkeit. Andererseits sind sie natürlich, wenn vernachlässigt, auch sehr anfällig für Verletzungen und Disharmonien.

Solch positiver als auch negativer Umgang setzt sich dann natürlich auch im Zyklus der Wandlungsphasen weiter fort. So kann ein schlecht gelebter Winter nur selten einen guten starken Neubeginn im Frühling hervorbringen. Ein erholsam gelebter Winter, mit Zeiten des Rückzugs und des Ruhenlassens lässt uns wiederum genügend Kraft sammeln um dann im Frühling wieder neu stark und voller Tatendrang zu erblühen.

In der TCM gehen die Funktionen der Organsysteme  weit über das hinaus was ihnen in der Schulmedizin zugeordnet wird. So ist das Organsystem Leber aus TCM-Sicht beispielsweise verantwortlich für die Speicherung des Blutes, versorgt und nährt Sehnen, Bänder und Muskeln und hält diese geschmeidig. Sie nährt zudem das Herz, das Herzblut, die Haare, Fingernägel und die Augen. Auf psychisch-emotionaler Ebene bietet sie uns ein großes Potenzial an Kreativität, Phantasie, Neugier und auch Lebensfreude. So schädigt beispielsweise zu wenig/schlechter Schlaf, zu viel Stress, Druck, unausgesprochene und „heruntergeschluckte“ Emotionen, nicht gelebte Träume und Ideen und daraus resultierende Emotionen wie Frust, Zorn und Traurigkeit die Holzorgane, und damit natürlich uns als ganzen Menschen enorm, auch wenn wir es anfangs vielleicht nur an eher harmlosen Symptomen bemerken.

Ein direktes Tor zur Leber sind die Augen. Alles was wir über die Augen aufnehmen beeinflusst auch die Leber. Und so kann eben besonders all das was wir im Übermaß an PC- oder Bildschirm-Arbeit aufnehmen nur schwer von der Leber und damit vom gesamten Verdauungstrakt verdaut werden. Es schädigt die Verdauungsorgane, die Leber und besonders das Leber-Blut. Also den yinnigen Anteil der Leber mit Symptomen wie z.B. Trockenheit der Augen, Lichtempfindlichkeit und Bindehautentzündungen. Aber auch Verdauungsstörungen, Stauungs – und Hitzegefühl im Magen oder auch im Kopf, Kopfschmerzen, Verspannungen etc..

Die Leber ist verantwortlich für die Speicherung des Blutes, und das Blut wiederum ist das Zuhause des Geisteswesen Hun. Eine Disharmonie der Leber und des Blutes kann also direkt die Stabilität des Hun, das Le-Blut und das Herz-Blut beeinflussen mit Auswirkungen vor allem auf den Schlaf. Von unruhigem  Geist und unruhigem Schlaf, vielen Träumen bis hin zu Alpträumen, innerer Unruhe oder auch emotional-geistigen Störungen.

Und wenn wir uns den Meridianverlauf einmal anschauen sehen wir noch einen weiteren sehr wichtigen Bereich für den die Leber zuständig ist. Der Leber-Meridian durchdringt den Unterleib. Der komplette Unterleib, die Zeugungsorgane und das Urogenitalsystem werden vom Leber-Meridian durchdrungen und umschlungen. Die Leber kontrolliert die Fortpflanzungsorgane und wird in der TCM in jede gynäkologische Behandlung mit einbezogen.

 

Die Leber liebt den freien Fluss

Sie ist zuständig für den freien Fluss des Qi und des Blutes und deshalb sehr anfällig für Stagnation. Alles an Druck (welcher Art auch immer) erzeugt im Inneren Enge, blockiert den freien Fluss des Qi und erzeugt Stagnation. Hauptsymptome hierfür sind zum Beispiel Völle- und Druckgefühl und Schmerzen, Flankenschmerz, Ausscheidungsstörungen, Brustkorbschmerzen oder auch PMS und Brustspannungen. Dieses freie Fließen ist ebenfalls, bzw. ganz besonders auch  auf unsere emotionale Verfassung bezogen. Einen großen Vorrat an Gleichmut nach dem Motto „Let it be“, das ist es was die Leber mag, kann und braucht, denn sie ist sehr anfällig für jegliche Art von Emotionen. Sie hat die Kraft Dinge ausdauernd zu verfolgen auch wenn sich ihr Steine in den Weg legen, sie kann Emotionen zu- und damit auch ziehen lassen und trägt gleichzeitig die Stärke in sich nicht aufzugeben, neu anzufangen und weiter zu machen. Im Yijing (dem Buch der Wandlungen) zu finden als Ausdruck des Hex. 19 „ Lin – das Wehklagen“, der 2.Yang-Strich, der 2.Schritt und die Ausdauer am Ball zu bleiben, nachdem die Galle, als Ausdruck des Hex. 24 –„ Fu – die Wiederkehr“  mutig den 1. Schritt aus der tiefsten Dunkelheit, dem tiefsten Yin gewagt hat.

Alles was Ihnen hilft sich zu befreien, besonders von angestauten Emotionen, entlastet und befreit auch immer die Leber, die Holzorgane, und die Kraft des Frühlings in Ihnen. Ob es nun Tanzen, Schreien, Weinen, Lachen, Schütteln, Laufen, Toben, ein Gespräch oder eine Auseinandersetzung, Holzhacken, Meditation, oder was auch immer ist, tun sie es.

 

Die Leber liebt Massage

Da die Leber sehr anfällig für Stau und Stagnation ist, liebt und braucht sie all das was ihr dabei hilft den freien Fluss aufrechtzuhalten und Disharmonien zu lösen. Ob als freie Bewegung, Sport und Toben draußen in der Natur, als wilder Tanz, Selbstmassage oder Massage durch jemand anderen, all dies tut der Leber sehr gut, entspannt und sollte nicht vernachlässigt werden. Die Zeit des Frühlings, aber auch den Morgen, jeden Tages sollten wir nutzen um neu zu erwachen und unsere Frühlingsorgane zu stärken. Ein morgendlicher Spaziergang, vielleicht sogar mit der Idee das Qi des Frühlings/ des Morgens mit dem Einatmen in sich aufzunehmen und im ganzen Körper wirken zu lassen, flottes Gehen, Dehnübungen, Walken, ein paar bewegte Übungen, sich Zeit nehmen für eine Bauch- oder Meridian-Massage, all das liebt die Leber und stärkt sie in ihrer Funktion.

 

Bauchmassage

Die Bauchmassage ist eine besonders schöne Massage, die sehr entspannend und wohltuend wirkt, aber auch bei Verdauungsproblemen, Magenbeschwerden, Blähungen, Flankenschmerz und Druckgefühl bietet diese Massage schnelle Abhilfe. Täglich ausgeführt wirkt sie vorbeugend und stärkt allgemein den Mittleren Erwärmer mit den entsprechenden Organen Magen, Milz, Leber, Gallenblase und auch die Därme. Am wirkungsvollsten und angenehmsten ist es, die Massage von einem Partner vornehmen zu lassen. Derjenige, der massiert wird, liegt einfach entspannt auf dem Rücken und genießt die Massage. Sie können die Massage aber auch bei sich selbst durchführen.

Von der Brustbeinspitze zum Schambein streichen

Der Masseur erwärmt seine Hände und beginnt, dann mit der Massage indem er 7 x nacheinander mit den Handflächen von der Brustbeinspitze abwärts bis zum Schambein streicht. Die Fingerspitzen zeigen dabei nach unten.

Ausstreichen des Brustkorbes

Nun erfolgt ebenfalls an der Brustkorbspitze beginnend ein sanftes Ausstreichen des Brustkorbes mit beiden Daumen. Vom Brustbein aus streichen die Daumen am Brustkorb entlang herunter bis zu den Seiten der Taille. Auch dies sollte 7 x wiederholt werden.

Auf dem Bauch hin und her streichen

Danach wird der Bauchbereich mit den Handflächen massiert. Die linke Handfläche streicht von der rechten zur linken Bauchseite, die rechte Handfläche massiert den Weg zurück von links nach rechts. Auch dies einige Male wiederholen.

Kreisende Massage des Bauches

Nun kommt der Hauptteil der Massage: der gesamte Bauch- und Unterleibsbereich wird nun mit beiden Handflächen kreisend im Uhrzeigersinn massiert. Dabei überkreuzen sich die Hände zwangsläufig, wodurch der Massageablauf jedoch nicht ins Stocken geraten sollte. Massieren Sie sanft, ruhig und entspannt. Sowohl der Druck als auch Tempo sollten gleichmäßig sein. Dieser Teil der Massage sollte mindestens 8-10 Min. dauern.

Abschluss

Zum Abschluss wiederholen Sie das Herunterstreichen in der Rumpfmitte, das sie zu Beginn ausgeführt haben. Bleiben Sie nach der Massage noch eine Weile liegen und genießen Sie die Auswirkungen.

Nun noch eine sehr kraftvolle Übung die besonders die Beine und den Unterleib stärkt, und dadurch die Entspannung und Entlastung des Rumpfes und Kopfes fördert. Alle Übungen mit „Beinarbeit“ sprechen besonders stark die dort verlaufenden Meridiane und die zugehörigen Organe an. Somit stärkt diese Übung die Beine als solche, damit auch einhergehend den unteren Rücken, die Nieren und die Wirbelsäule und durch den Meridianverlauf  Leber, Gallenblase, Milz, Magen, Niere und Blase. Sie kräftigt die Muskeln, Sehnen und Meridiane, öffnet die Gelenke, bringt das Qi in Schwung und hilft uns verbrauchte Energien aus Leber und Galle herauszudrücken und frische Energie wieder hinein zu holen.

 

„Handschellen im tiefen Reitersitz“

Sie stehen im engen Stand, die Füße nah beieinander, mit leicht gebeugten Knien, der untere Rücken sollte weitestgehend begradigt sein, die Wirbelsäule aufgerichtet und die Arme locker hängend.

Kommen Sie ein paar Minuten zur Ruhe und lassen einige Male das Bild der Dusche im Körper wirken die alles sanft wegspült und Sie ruhig und weit werden lässt. Wenn Sie soweit sind, wandern Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit in den Unterbauch und verweilen dort während der gesamten Übung.

Nach dieser kleinen aber sehr wichtigen Vorbereitung auf die Übung geben Sie das Gewicht nach rechts, verschränken die Hände, und führen diese hoch bis in Brustkorbhöhe während Sie gleichzeitig  den linken Fuß in doppelter Schulterbreite nach links raus setzen, in den sog. Reiterstand. Dabei einatmen.

Dann die Hände und Handflächen nach vorne drehen und mit dem Ausatmen hinsetzen. Mit dem Gesäß soweit es geht nach unten, die Knie nach außen. Mit diesem Setzen schieben Sie die verschränkten Arme nach vorn, als wollten Sie einen Berg vor sich wegschieben. Atmen Sie während der schiebenden Bewegung ruhig laut und kräftig aus und bewegen Sie sich kraftvoll. Das Bild ist, dass Sie alles an Frust, Ärger, Zorn, Wut, Kummer oder einfach all das was sie belastet herausdrücken und ziehen lassen. Einen Moment lang in dieser tiefen Reiterposition verweilen, in die Beine hineinspüren und dann langsam lösen. Wieder normal atmen, die Arme einfach sinken lassen und das linke Bein wieder zurück in den engen Stand führen. Kurz verschnaufen und dann von Neuem wiederholen.

Wiederholen Sie diese Übung einige Male ohne sich zu viel zuzumuten, fangen Sie langsam an und steigern Sie sich dann mit der Zeit. Sie können ruhig laut und kräftig ausatmen, alles herauspressen und sich kraftvoll bewegen, beginnen sie jedoch sanft und kommen dann immer mehr in die Übung hinein.

Zum Abschluss wie immer ein kurzes Sammeln im Unterbauch. Die Hände auf den Unterbauch legen, hineinspüren, zur Ruhe kommen und einen Moment dort verweilen. Danach die Hände lösen, kräftig reiben und dann auf die geschlossenen Augen legen, einfach einen Moment dort liegen lassen, entspannen und tief ins Innere der Augen hineinspüren.

CD mit weiteren Übungen zur Wandlungsphase Holz, incl. Download-Booklet und Vorhörfunktion:

Frühlingserwachen, die Leber mag Massage - Beitrag mit allen Darstellungen als PDF downloaden

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Foto: © Franz-K. / PIXELIO

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